Mit Begeisterung las ich vor und während unserer Reise durch
Pater Pedros Refugium zwei Bücher von Heinrich Rüth,
in denen seine Briefe zur Beschreibung der Lage und der Entwicklung
seiner Gemeinde abgedruckt sind.
Die Unterschiede zur heutigen Lage sind nicht
immer offensichtlich. Obgleich in den Dörfern und den
Städten auch das moderne Leben in Form von
Satelittenschüsseln und neuen Geländewagen sichtbar
wird, ist die Armut und das einfache Leben der Menschen dort
unübersehbar. Das Umschlagbild des Buches „Schrei
aus der grünen Hölle“ zeigt, zum Beispiel,
eine Hütte im Urwald am Ufer eines Flusses. Auch uns war es
möglich, solche Fotos zu machen.
In ihnen leben große Familien, viele Kinder haben uns daraus
auf unserer Fahrt über den Juruá
zurückgewunken. Ab und zu sahen wir Schiffe, die durch ihre
Aufschrift eindeutig als „Schulbus“ zu erkennen
waren. Für die Schulbildung ist inzwischen wohl einiges getan
worden.
Auch die Infrastruktur hat sich seit den Zeiten von Bischof
Rüth um einiges verbessert. Galt es damals noch, sich
persönlich um die Beschaffung und den Transport von, zum
Beispiel, Baumaterial zu kümmern und dafür nach Belem
oder Manaus zu reisen, so ist die Bestellung vor Ort heute kein Problem
mehr. Der Hafen von Cruzeiro do Sul ist in ständiger Bewegung,
große Gütermengen werden umgeschlagen und es fahren
auch kleinere Lastkähne bei entsprechendem Wasserstand bis
nach Taumaturgo, der letzten Bastion vor der peruanischen Grenze. Das
es vorkommen könne, das ein Flugzeug nicht starten kann, weil
gerade kein Benzin vorrätig ist und erst in zwei, vielleicht
drei Tagen eine neue Lieferung kommt, ist heute nur noch schwer
vorstellbar.
Natürlich ist es den Menschen dort inzwischen auch
möglich, Kunstdünger und moderne Maschinen
für die Landwirtschaft zu erwerben, doch damals wie heute
fehlt das nötige Geld dazu und sie investieren das einzige was
sie haben, ihre Arbeitskraft. Die Menschen, die weder Land noch Arbeit
haben, sind die wahren Verlierer. Die Kautschukgewinnung, von der in
den Büchern von Herrn Rüth noch zu lesen war, gibt es
nicht mehr. Arbeit ist im Acré mehr als bei uns Mangelware.
Aber ich bin froh, das ich Armut und Elend, wie
sie Herr Rüth in seinen Büchern beschreibt, nicht
gesehen habe. Sicherlich haben wir auch nur einen winzigen Bruchteil
des Landes und seiner Bevölkerung kennen gelernt, doch habe
ich die Hoffnung, das niemand dort mehr Hunger leiden muß.
Und mußten die Menschen mit schweren Erkrankungen damals noch
die Strapazen einer Reise über manchmal mehrere hundert
Kilometer ertragen, so scheint die medizinische Versorgung inzwischen
flächendeckend zu sein, sicher nicht zuletzt auf Grund der
Arbeit der Gemeinden vor Ort und des unentgeltlichen Einsatzes
nichtbrasilianischer Ärzte.
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