In der Region Acre
geht die Sonne durch die Nähe zum Äquator ziemlich
gleichmäßig etwa um sechs Uhr auf und um achtzehn
Uhr unter. Auf unserer Fahrt auf dem Juruá hatten wir
häufig Gelegenheit, den Sonnenaufgang mitzuerleben.
Nicht, weil wir nicht schlafen konnten, sondern weil 12 Stunden Fahrt
stromaufwärts zu wenig sind, um die Entfernung zur
nächsten Stadt zu überwinden und wir oft
früh losgefahren sind.
Wir
waren in der Regenzeit dort, was bedeutet, dass die Flüsse
stark
angeschwollen sind und infolgedessen große Teile der
Uferböschung
mitsamt der Vegetation fortgespült worden waren.
Unser Steuermann war ständig damit beschäftigt,
Ausschau nach
Treibholz zu halten und den großen Brocken auszuweichen.
Trotz seiner Erfahrung
verloren wir einmal eine Schraube und ein anderes Mal wurde eine
Kühlleitung beschädigt.
Wenn es dunkel wurde, legte sich einer von uns bäuchlings auf
das Vorderdeck und suchte
mit starken Scheinwerfern den Fluß nach Hindernissen ab.
War die Sonne aber aufgegangen, zeigten sich uns wunderschöne
Landschaften, oder besser gesagt, eine herrliche Fauna und Flora. Denn
von Land war durch die üppige Vegetation nur dort etwas zu
sehen, wo Bauern einen Teil des Regenwaldes gerodet und kleine
Plantagen oder Weideflächen angelegt hatten. Die
Größe dieser Plantagen ließ vermuten, dass
sie nur der Selbstversorgung dienten.
Nie gesehene Pflanzen- und Baumarten, so weit das Auge reichte. Und so
dicht, dass keiner von uns glauben mochte, ohne Machete weiter als ein
paar Meter vordringen zu können. Ab und zu ragte ein Baumriese
über alle anderen empor und vermittelte einen Eindruck, wie es
wohl früher hier ausgesehen haben mochte. Denn von den
wirklich großen, alten Bäumen des Regenwaldes steht
hier schon lange keiner mehr. Und obwohl große Teile des
Regenwaldes inzwischen unter Naturschutz stehen, hörten wir
zur Zeit unseres Aufenthaltes von Auseinandersetzungen zwischen den
Indianern und der „Holzmafia“, die illegal
Bäume im Indianergebiet fällte. Es soll sogar Tote
gegeben haben....
Von den Tieren des Waldes sahen wir bis auf einige Vögel nur
wenige. Unsere zwei Außenbordmotoren zerrissen leider mit
ihrem Lärm die Ruhe und Friedlichkeit der Natur. Wir
Stadtmenschen hatten uns schon nach wenigen Stunden daran
gewöhnt und bemerkten den Krach kaum noch, doch die Tiere
wurden davon weit in den Wald hineingetrieben. Zu unserer
großen Freude sahen wir einmal Flußdelphine neben
uns auftauchen und dachten im gleichen Moment daran, was für
einen Radau unsere Motoren wohl unter Wasser machen mochten.
Unsere Artgenossen, die Menschen, blieben von diesem Krach
unbeeindruckt. Ab und zu tauchten Behausungen auf, vor denen in der
Regel mehr Kinder als Erwachsene weilten, und diese schauten
erstaunt zu den Menschen mit den hellen Gesichtern. Doch ein Winken
genügte, um ein Lächeln oder Lachen zu erwirken und
fröhlich winkte
man uns zurück.
Ab
und zu rief unser Steuermann „Jacaré“,
was Krokodil bedeutet,
und zeigte auf bestimmte Stellen der Uferböschung,
doch so sehr ich mich anstrengte, ich konnte nie eines entdecken.
Wenn ich ihn dann ansah, lächelte er verschmitzt
zurück und ich
wußte nicht, ob er mich auf den Arm nehmen wollte oder
versuchte,
Langeweile zu vertreiben. Doch davon konnte keine Rede sein. Die
Fahrten waren äußerst erholsam und auch unser immer
beschäftigter
Pedro kam langsam zur Ruhe. Ein wenig Beschäftigung hatten nur
der
Steuermann, der Maschinist und unsere Köchin. Man
muß es gesehen
haben, um zu glauben, mit welch einfachen Mitteln und unter welchen
Bedingungen sie jedes Mal ein vorzügliches Mahl für
uns bereitete.
Bei der Übernachtung in den Städten Porto Valter und
Taumaturgo hatten wir oft das Glück, in den Schwesternheimen
schlafen zu dürfen. So sehr ein richtiges Bett mit Moskitonetz
auch verlockender erscheint als eine Nacht in der Hängematte
auf dem Vordeck, muss ich gestehen, das mir die Hängematte
viel besser gefallen hat. Tatsächlich bin ich unter dem
Moskitonetz sehr schlimm von Mücken gestochen worden, in der
Hängematte jedoch kaum. Man darf sich auch nicht wundern, wenn
jemand von einem anderen Boot herübersteigt und seine
Hängematte neben die eigene hängt. Das wird toleriert
und ist völlig normal, denn nicht auf allen Booten hat man die
Gelegenheit, eine Hängematte aufzuhängen.
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